Biologische Uhr verstehen: Was das AMH über deine Fruchtbarkeit aussagt
„Die biologische Uhr tickt“ – dieser Satz sorgt bei vielen Frauen mit Kinderwunsch für Druck und Unsicherheit. Doch was bedeutet er tatsächlich? Und gibt es einen objektiven Weg, den eigenen Fruchtbarkeitsstatus zu beurteilen?
- Biologische Uhr verstehen: Was das AMH über deine Fruchtbarkeit aussagt
- Was ist das Anti-Müller-Hormon (AMH)?
- Welche Rolle spielt das AMH bei der Fruchtbarkeit?
- Wie verändert sich der AMH-Wert im Laufe des Lebens?
- Wie wird der AMH-Wert gemessen?
- Was bedeutet ein niedriger AMH-Wert?
- Was bedeutet ein hoher AMH-Wert?
- AMH und Kinderwunschbehandlungen: Wie beeinflusst der Wert die Therapie?
- Kann man den AMH-Wert beeinflussen?
- Was sind häufige Mythen über den AMH-Wert?
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Quellen
- Der Ursprung des Namens:
- Typische AMH-Werte nach Altersgruppen:
- Ablauf der AMH-Messung:
- Wann ist eine AMH-Messung sinnvoll?
- Ursachen für einen niedrigen AMH-Wert:
- Bedeutung eines niedrigen AMH-Werts:
- Mögliche Ursachen für einen erhöhten AMH-Wert:
- Risiken bei einem hohen AMH-Wert:
- Einfluss des AMH auf die Behandlung:
- Ernährung optimieren:
- Nährungsergänzung gezielt einsetzen:
- Stress reduzieren:
- Lebensstil anpassen:
- „Ein niedriger AMH-Wert bedeutet, dass ich nie schwanger werden kann.“
- „Ein hoher AMH-Wert garantiert eine Schwangerschaft.“
- „Der AMH-Wert bleibt immer gleich.“
Ein zentraler Marker für die weibliche Fruchtbarkeit ist das sogenannte Anti-Müller-Hormon (AMH). Es gibt Auskunft über die Eizellreserve – also darüber, wie viele Eizellen in den Eierstöcken noch vorhanden sind und potenziell für eine Befruchtung zur Verfügung stehen.
Doch was bedeutet ein hoher oder niedriger AMH-Wert? Lässt sich der AMH-Wert beeinflussen? Und welche Konsequenzen hat er für den Kinderwunsch?
Auf einen Blick
- AMH (Anti-Müller-Hormon): Indikator für die Eizellreserve und Fruchtbarkeit bei Frauen.
- AMH-Wert im Lebensverlauf: Hoher Wert in jungen Jahren, sinkt ab 35, fällt ab 40 Jahren.
- Typische AMH-Werte je nach Alter: Unter 30 Jahre: sehr gute Eizellreserve, ab 40 Jahren: verminderte Fruchtbarkeit.
- Messung: Einfacher Bluttest, kann zu jeder Zeit im Zyklus erfolgen.
- Niedriger AMH-Wert (<1,0 ng/ml): Geringe Eizellreserve, reduzierte Chancen auf natürliche Schwangerschaft, ggf. Eizellkonservierung in Erwägung ziehen.
- Hoher AMH-Wert (>5,0 ng/ml): Kann auf PCOS hinweisen, erhöhtes Risiko für Zyklusstörungen und Überstimulation bei Behandlungen.
- AMH und Kinderwunschbehandlungen: Der Wert beeinflusst die Auswahl der Hormonbehandlung und Erfolgswahrscheinlichkeit.
- Einfluss auf den AMH-Wert: Ernährung, Lebensstil, und Stressmanagement können die Fruchtbarkeit verbessern, aber der AMH-Wert selbst lässt sich nicht direkt erhöhen.
Was ist das Anti-Müller-Hormon (AMH)?
Das Anti-Müller-Hormon (AMH) ist ein körpereigenes Protein, das bei Frauen in den sogenannten Granulosazellen der heranreifenden Eibläschen (Follikel) in den Eierstöcken gebildet wird. Es dient als Indikator für die ovarielle Reserve, also für die Anzahl der noch verfügbaren Eizellen.
Der Ursprung des Namens:
Das AMH wurde nach dem deutschen Biologen Johannes Peter Müller benannt, da es in der Embryonalentwicklung eine wichtige Rolle spielt:
Bei männlichen Embryonen sorgt es dafür, dass sich die Müller-Gänge (Vorläufer der weiblichen Geschlechtsorgane) zurückbilden.
Bei weiblichen Embryonen bleibt das AMH zunächst inaktiv und wird erst nach der Geburt im Eierstock aktiv.
Welche Rolle spielt das AMH bei der Fruchtbarkeit?
- Es gibt Auskunft über die Anzahl der Eizellen, die noch im Eierstock vorhanden sind.
- Der AMH-Wert hilft, die Fruchtbarkeit einzuschätzen, vor allem bei Frauen mit Kinderwunsch.
- Er ist ein zentraler Marker bei der Vorbereitung auf künstliche Befruchtungen (z. B. IVF), da er zeigt, wie gut die Eierstöcke auf eine Hormonstimulation ansprechen könnten.
Wichtig: Der AMH-Wert gibt keinen Aufschluss über die Qualität der Eizellen – er zeigt nur die Menge der verfügbaren Eizellen an.
Eine Studie hat gezeigt, dass Anti-Müller-Hormon (AMH) ein zuverlässiger Marker für die Eierstockreserve ist. Frauen mit höheren AMH-Werten haben in der Regel mehr Eizellen und eine höhere Chance auf eine Schwangerschaft. Die Werte nehmen jedoch mit dem Alter ab.
Wie verändert sich der AMH-Wert im Laufe des Lebens?
Jede Frau wird mit einer festgelegten Anzahl an Eizellen geboren – etwa 1 bis 2 Millionen. Mit dem Einsetzen der Pubertät reduziert sich diese Zahl auf etwa 300.000 bis 500.000, und mit jedem Menstruationszyklus sinkt die Anzahl weiter.
Der AMH-Wert ist der Spiegel dieser natürlichen Entwicklung:
- In jungen Jahren (bis etwa 30) ist der AMH-Wert meist hoch, da viele Eizellen vorhanden sind.
- Ab etwa 35 Jahren beginnt der Wert langsam zu sinken, da die Eizellreserve abnimmt.
- Ab 40 Jahren fällt der AMH-Wert oft deutlich ab, was die Chancen auf eine natürliche Schwangerschaft reduziert.
- Kurz vor den Wechseljahren sinkt der AMH-Wert auf unter 0,1 ng/ml oder wird nicht mehr nachweisbar.
Typische AMH-Werte nach Altersgruppen:
Alter | AMH-Wert (ng/ml) | Interpretation |
---|---|---|
Unter 30 Jahre | 2,0 – 5,0 | Sehr gute Eizellreserve |
30–35 Jahre | 1,5 – 4,0 | Gute Fruchtbarkeit |
35–40 Jahre | 1,0 – 3,5 | Eizellreserve nimmt langsam ab |
40–45 Jahre | 0,5 – 2,5 | Verminderte Fruchtbarkeit |
Über 45 Jahre | < 0,5 | Nahe der Menopause |
Tipp: Der AMH-Wert kann auch als Frühindikator für die Wechseljahre dienen. Ein stark abfallender Wert deutet darauf hin, dass die Menopause näher rückt.
In einer Studie wurden AMH-Werte bei gesunden, fruchtbaren Frauen untersucht. Die durchschnittlichen Werte lagen bei 1,46 ng/ml, wobei jüngere Frauen tendenziell höhere Werte hatten. Dies bestätigt, dass AMH ein guter Indikator für die Fruchtbarkeit ist.
Wie wird der AMH-Wert gemessen?
Die Messung des AMH-Werts erfolgt über einen einfachen Bluttest. Im Gegensatz zu anderen Hormonen, die während des Menstruationszyklus schwanken, bleibt der AMH-Wert relativ konstant und kann daher zu jedem Zeitpunkt im Zyklus bestimmt werden.
Ablauf der AMH-Messung:
- Blutentnahme in einer gynäkologischen Praxis oder einem Labor.
- Analyse der Blutprobe auf den AMH-Spiegel.
- Ergebnis meist innerhalb weniger Tage verfügbar.
Wann ist eine AMH-Messung sinnvoll?
- Bei unerfülltem Kinderwunsch (spätestens nach 12 Monaten ohne Schwangerschaft)
- Vor einer geplanten Kinderwunschbehandlung (z. B. IVF)
- Bei Verdacht auf hormonelle Störungen (z. B. Polyzystisches Ovarialsyndrom – PCOS)
- Zur Einschätzung des Menopausenzeitpunkts
- Vor geplanten Eingriffen an den Eierstöcken oder Chemotherapie
Tipp: Es gibt auch Selbsttests für zu Hause, die eine Blutprobe per Trockenblutkarte ermöglichen. Diese Tests liefern jedoch nur erste Hinweise und sollten durch eine ärztliche Diagnose bestätigt werden.
Was bedeutet ein niedriger AMH-Wert?
Ein niedriger AMH-Wert (<1,0 ng/ml) weist auf eine geringe Eizellreserve hin. Das bedeutet, dass die Anzahl der reifungsfähigen Eizellen im Eierstock abnimmt – ein natürlicher Prozess, der mit zunehmendem Alter einsetzt.
Ursachen für einen niedrigen AMH-Wert:
- Alter: Mit zunehmenden Jahren nimmt die Eizellreserve kontinuierlich ab.
- Genetische Faktoren: Frühzeitige Menopause in der Familie kann ein Risikofaktor sein.
- Endometriose: Kann die Eizellqualität und -reserve beeinträchtigen.
- Autoimmunerkrankungen: Bestimmte Erkrankungen greifen das Eierstockgewebe an.
- Chemotherapie oder Bestrahlung: Reduziert die Eizellreserve massiv.
- Rauchen und Umweltgifte: Beschleunigen den Rückgang der Eizellreserve.
Bedeutung eines niedrigen AMH-Werts:
- Die Chancen auf eine natürliche Schwangerschaft sinken, aber es ist nicht unmöglich.
- Die Erfolgsrate bei künstlicher Befruchtung kann geringer sein, da weniger Eizellen auf eine Hormonstimulation ansprechen.
- Frauen mit niedrigen AMH-Werten sollten ihren Kinderwunsch frühzeitig planen oder über Eizellkonservierung nachdenken.
Was bedeutet ein hoher AMH-Wert?
Ein hoher AMH-Wert (>5,0 ng/ml) deutet auf eine hohe Eizellreserve hin. Doch nicht immer ist das positiv:
Mögliche Ursachen für einen erhöhten AMH-Wert:
- Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS): Frauen mit PCOS haben oft viele unreife Follikel in den Eierstöcken, die den AMH-Wert erhöhen.
- Starke ovarielle Aktivität: Frauen mit hoher Eizellreserve reagieren oft empfindlicher auf Hormonstimulationen.
- Medikamenteneinnahme oder hormonelle Therapien
Risiken bei einem hohen AMH-Wert:
- Zyklusstörungen: Vor allem bei PCOS kann der Eisprung unregelmäßig oder gar nicht stattfinden.
- Erhöhtes Risiko für eine Überstimulation (OHSS) bei Kinderwunschbehandlungen.
- Einnistungsprobleme: Zu viele Follikel können die Gebärmutterschleimhaut negativ beeinflussen.
Tipp: Ein erhöhter AMH-Wert erfordert eine sorgfältige medizinische Abklärung, um mögliche Störungen frühzeitig zu erkennen.
AMH und Kinderwunschbehandlungen: Wie beeinflusst der Wert die Therapie?
Der AMH-Wert ist ein zentraler Faktor bei der Planung von Fruchtbarkeitsbehandlungen wie der In-vitro-Fertilisation (IVF) oder der Intrauterinen Insemination (IUI).
Einfluss des AMH auf die Behandlung:
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Niedriger AMH-Wert:
- Höhere Hormondosen nötig, um die Eizellenreifung anzuregen.
- Es werden möglicherweise weniger Eizellen gewonnen, was die Erfolgschancen mindern kann.
- Alternative Optionen wie Eizellspende können in Betracht gezogen werden.
-
Hoher AMH-Wert:
- Schnelle Reaktion auf Hormonstimulation.
- Risiko einer Überstimulation (OHSS), weshalb die Hormondosis angepasst wird.
Wichtig: Der AMH-Wert allein bestimmt nicht die Erfolgsaussichten einer Kinderwunschbehandlung – auch Eizellqualität, Alter und weitere Hormonwerte spielen eine Rolle.
Kann man den AMH-Wert beeinflussen?
Der AMH-Wert selbst lässt sich nicht direkt erhöhen, da er die vorhandene Eizellreserve widerspiegelt. Allerdings gibt es Möglichkeiten, die Eizellqualität zu verbessern und die Fruchtbarkeit positiv zu beeinflussen.
Ernährung optimieren:
Antioxidantienreiche Lebensmittel (Beeren, Nüsse, grünes Gemüse)
- Omega-3-Fettsäuren (Fisch, Leinsamen)
- Folsäure und Vitamin D ergänzen
Nährungsergänzung gezielt einsetzen:
- Coenzym Q10: Unterstützt die Mitochondrien der Eizellen und verbessert deren Qualität.
- Vitamin D: Stärkt den Hormonhaushalt und verbessert die Einnistungschancen.
- Zink und Selen: Unterstützen die Hormonbalance und Zellgesundheit.
Stress reduzieren:
- Chronischer Stress beeinflusst den Hormonhaushalt und kann die Fruchtbarkeit senken.
- Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder Atemübungen helfen, Stress abzubauen.
Lebensstil anpassen:
- Regelmäßige Bewegung unterstützt die Hormonregulation.
- Rauchen und Alkohol vermeiden, da sie die Eizellreserve schneller abbauen können.
- Übergewicht oder Untergewicht ausgleichen – beides kann den AMH-Wert beeinflussen.
Was sind häufige Mythen über den AMH-Wert?
„Ein niedriger AMH-Wert bedeutet, dass ich nie schwanger werden kann.“
Nicht zwangsläufig. Der AMH-Wert zeigt nur die Anzahl der Eizellen an, nicht deren Qualität. Auch Frauen mit niedrigen Werten können auf natürlichem Weg schwanger werden.
„Ein hoher AMH-Wert garantiert eine Schwangerschaft.“
Nicht immer. Frauen mit PCOS haben oft hohe AMH-Werte, aber es kann dennoch zu Zyklusstörungen und ausbleibenden Eisprüngen kommen.
„Der AMH-Wert bleibt immer gleich.“
Falsch. Der AMH-Wert sinkt mit zunehmendem Alter, aber auch Krankheiten, Lebensstilfaktoren und hormonelle Schwankungen können ihn beeinflussen.
Eine Studie untersuchte, ob die langfristige Einnahme von hormoneller Verhütung die AMH-Werte senkt. Es wurde festgestellt, dass die AMH-Werte zwar während der Verhütung sinken können, aber nach dem Absetzen wieder auf ein normales Niveau zurückkehren.
Quellen
- Mawusi, D., Yakass, M., Abaidoo, C., & Addai, F. (2021). Use of Anti-Mullerian Hormone (AMH) for Testing of Ovarian Reserve: A Survey of Fifteen (15) Fertility Centres in Ghana. Advances in Reproductive Sciences. https://doi.org/10.4236/ARSCI.2021.91009.
- Ia, V., Tacheva, D., Kalinov, K., & Va, I. (2006). [Measurement of basal anti-Mullerian hormone level of healthy fertile women in Bulgaria]. Akusherstvo i Ginekologiia, 45(1), 32-35.
- Kučera, R., Ulc̆ová‐gallová, Z., & Topolcan, O. (2016). Effect of long-term using of hormonal contraception on anti-Müllerian hormone secretion. Gynecological Endocrinology, 32, 383-385. https://doi.org/10.3109/09513590.2015.1121981.
- Cleveland Clinic. Anti-Mullerian Hormone Test. Verfügbar unter: https://my.clevelandclinic.org/health/diagnostics/22681-anti-mullerian-hormone-test.
- MedlinePlus. Anti-Mullerian Hormone Test. Verfügbar unter: https://medlineplus.gov/lab-tests/anti-mullerian-hormone-test/.
- PubMed Central. Anti-Müllerian Hormone and its Role in Ovarian Reserve. Verfügbar unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC7486884/.
- National Cancer Institute. Anti-Mullerian Hormone. Verfügbar unter: https://www.cancer.gov/publications/dictionaries/cancer-terms/def/anti-mullerian-hormone.